Gerettet, aber nicht befreit
Überlebende der Schoa in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein im Frühsommer 1945. Der Krieg ist vorbei. Er hat tiefe Spuren im Land, in den Städten und in den Menschen hinterlassen. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Das gilt besonders für eine kleine Zahl von Menschen, die von den Nationalsozialisten als Jüdinnen und Juden verfolgt worden waren. In Lagern, auf "Todesmärschen" und in Verstecken werden sie nach Jahren in Angst und Schrecken gerettet. Frei leben können sie aber noch lange nicht. Sie sind oft schwerkrank, leben weiterhin in Lagern oder unter ärmlichen Bedingungen. Niemand empfängt sie mit offenen Armen. Niemand fühlt sich für sie verantwortlich. Niemand interessiert sich für ihre Geschichten.
Sie alle hoffen auf einen Neuanfang, hoffen darauf ihre Freunde und Verwandte wiederzusehen und hoffen auf Gerechtigkeit. Doch diese Hoffnungen werden oftmals bitter enttäuscht. Daher kommt für die meisten Menschen ein Bleiben in Deutschland nicht infrage. Sie wollen so schnell wie möglich weg. Doch das ist gar nicht so leicht. Viele warten jahrelang auf eine Möglichkeit zur Auswanderung.
Wer in Schleswig-Holstein bleibt, der muss kämpfen. Kämpfen um das tägliche Überleben, kämpfen um 'Wiedergutmachung', kämpfen gegen den überall offen zu Tage tretenden Alltagsantisemitismus und kämpfen mit den Nationalsozialisten, die während der Nachkriegszeit in Schleswig-Holstein überall freundlich wieder integriert werden.
75 Jahre nach Kriegsende erzählen wir erstmalig die Geschichte(n) der wenigen Überlebenden in Schleswig-Holstein. Hierfür haben wir über ein Jahr lang in verschiedenen Archiven in der gesamten Bundesrepublik und in privaten Sammlungen geforscht. Wir zeigen Bilder, Dokumente und Lebensgeschichten, die bislang völlig unbekannt waren und so in keinem Geschichtsbuch zu finden sind. Sie sind schwer zu glauben, empörend und ergreifend. Durch das Engagement und die Unterstützung vieler Menschen ist es uns gelungen, in eine Zeit voller Widersprüche, etwas Licht zu bringen.